Das wahre „Talent“ der Genies besteht in der Bereitschaft, mit
großem Einsatz aktiv zu lernen. Über „göttliche Unzufriedenheit“,
„Vertikalspannung“ und was uns sonst noch antreibt, unsere Potenziale zu
nützen.
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Das wahre „Talent“ der Genies besteht in der Bereitschaft, mit großem
Einsatz aktiv zu lernen. Auch wenn es nicht unbedingt so aussieht, als
würden sie studieren, oder wenn sie – was Genies gerne tun – leugnen,
üben zu müssen. Exzellenz ist das Resultat hochfliegender Ambitionen und
frustrationstoleranter Anstrengungsbereitschaft. Selbst die
staunenerregendsten geistigen und körperlichen Leistungen kommen durch
angestrengtes Training zustande, das sich allerdings Aufgaben an der
Grenze zur Überforderung stellen, stets neue, originelle Probleme setzen
muss. Das hat einen gewissen Biss zur Voraussetzung. Martha Graham
nannte das Grundmotiv „göttliche Unzufriedenheit“, Peter Sloterdijk
spricht von „Vertikalspannung“, die uns zur Artistik treibt. Sie meinen
die Ambition, sich nach etwas zu recken, es nicht zu erreichen, sich
erneut zu recken, um auf höherem Niveau zu scheitern und so fort.
Begeisterung spielt dabei eine große Rolle. Wir brauchen ja gute Gründe,
damit wir uns das antun. Mit geeigneten Lebensperspektiven und
Lernanlässen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es auch zu den
nötigen Initialzündungen kommt.
(...)
Es gibt keine wissenschaftlich belastbare Theorie, geschweige denn
empirische Nachweise einer Koppelung von Genen mit bestimmten höheren
menschlichen Fähigkeiten. Ebenso wenig gibt es einen wissenschaftlich
definierten Begriff von „Begabung“ oder „Hochbegabung“. Diesen Konzepten
hängt etwas Metaphysisches an – oder sie folgen dem platten
biologistischen Deutungsmuster: Alles, was wir uns in seinem
Zustandekommen gerade nicht erklären können, muss genetisch determiniert
sein.
Source: Die Presse
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